30 Jahre Fitnesstraining in der SportLounge bei Komet Blankenese

Karl Adam wurde zur Legende, als er 1960 den Ratzeburger Achter zum Olympiasieg führte. Ein Trainer, der selbst Leichtathlet war und wahrscheinlich gar nicht rudern konnte, wurde zum erfolgreichsten Rudertrainer der Welt. Was war sein Erfolgsrezept? In Sportvereinen wurden Sportler überwiegend von engagierten Übungsleitern, ehrenamtlichen Helfern und Trainern betreut, die meistens selbst in der jeweiligen Sportart, in der sie das Training leiteten, erfolgreich waren. Erfahrungen wurden weitergegeben, während Erkenntnisse der relativ jungen Sportwissenschaften nur mit großer Verspätung Eingang in die Vereinsarbeit fanden.

Weit vertreten war die Meinung, dass Verbesserungen in einer Sportdisziplin nur durch ständige Übung zu erreichen sind. Also glaubte man, dass z. B. die Sprintfähigkeit verbessert wird, wenn man immer wieder die Strecke abläuft. Auch heute noch kann man Freizeitsportler, die das Sportabzeichen ablegen möchten, bei dieser Art des Trainings beobachten. Karl Adam übertrug jedoch wissenschaftlich erforschte Trainingsmethoden aus der Leichtathletik in den Rudersport, insbesondere auch das gezielte Krafttraining. Er analysierte die Faktoren, die den einzelnen Ruderer in seinem ruderspezifischen Leistungsvermögen begrenzten. Daraufhin erarbeitete er für jeden seiner Athleten einen individuellen Trainingsplan. Erfolgreiche Ruderer waren im Regelfall sehr groß. Wegen der günstigen Hebelverhältnisse ist das gegenüber Kleineren ein Vorteil. Der Schlagmann des „Goldachters“ Walter Schröder war für diese Position eigentlich zu klein. Diese Einschränkung konnte jedoch durch gezieltes Krafttraining kompensiert werden. Walter Schröder wurde später Professor am Institut für Sportwissenschaften und damit zunächst mein Mentor und Chef, als ich selbst an der Hochschule unterrichtete.

1972 verletzte ich mich schwer bei einem Skirennen. Die Prognose der Ärzte hinsichtlich der Wiedererlangung meiner Sportfähigkeit war niederschmetternd. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt eine vage Vorstellung von den Möglichkeiten, die das Krafttraining eröffnen konnte. Über die Methoden des „Wundertrainers“ Karl Adam hatte ich ja einiges gehört. In Hamburg nutzte ich die Möglichkeiten, die der Kraftraum des Instituts für Sportwissenschaften bot, und betrieb meine eigene Rehabilitation, da in den 70er Jahren ärztlicherseits faktisch nichts angeboten wurde. Am eigenen Körper erfuhr ich, was durch gezieltes Kraft- und Fitnesstraining zu erreichen ist. Gegen jede ärztliche Prognose konnte ich ein Jahr später die damals noch vorgeschriebene praktische Aufnahmeprüfung zum Studium der Sportwissenschaften erfolgreich bestehen und auch wieder Ski fahren, mein Studium durch die Tätigkeit als Skilehrer finanzieren und als Trainer in der Turnabteilung hier bei Komet arbeiten. Aufgrund meiner eigenen Erfahrungen hatte ich das Anliegen, meine Trainingsgruppen vom Wert des Fitnesstrainings (Schwerpunkt Kraftentwicklung und Beweglichkeit) mit Hanteln und Trainingsmaschinen zu überzeugen. Mit allerlei Kreativität wurden die Turngeräte für ein gezieltes Krafttraining zweckentfremdet. Wir konnten irgendwie trainieren, aber so richtig entsprach das, was wir machten, nicht meinen Vorstellungen und meinem Anspruch.

Die damalige Abteilungsleiterin der Turnabteilung, Frau Schröpfer, war zu diesem Zeitpunkt der Motor der gesamten Sparte Turnen. Mit meiner Vorstellung von einem eigenen Fitness-Center wusste ich sie auf meiner Seite. In wenigen Jahren ihrer Tätigkeit für die Turnabteilung hatte sich die Mitgliederzahl verdoppelt. Sie hatte ständig neue Ideen und war in der Lage, durch robustes Auftreten Mauern einzurennen, um den Verein zu einem modernen Freizeit- und Sportverein zu entwickeln. Rückschläge steckte sie weg und kämpfte zäh für die Verwirklichung ihrer Pläne. Als sich die Möglichkeit ergab, den Raum, in dem sich unser Fitness-Center heute noch befindet, möglicherweise nutzen zu können, war sie in ihrem Element.

Es ist heute kaum noch nachzuvollziehen, welche sehr speziellen Vorstellungen es damals vor über 30 Jahren über Krafttraining in den Köpfen der Mitglieder, in der breiten Bevölkerung, insbesondere aber auch bei den Vorstandsmitgliedern über diese Form der Körperbetätigung gab. Ich habe noch einige Bilder im Kopf und muss immer noch über das, was wir erlebten, schmunzeln.

Als der Raum endlich eingerichtet war und die Geräte standen, wurden sie von der Vereinsführung begutachtet. Keiner der Herren wollte sich die Blöße geben, eventuell eine Frage zur Funktion dieser Geräte zu stellen. Komet Blankenese hatte mit diesem kleinen Trainings-Center in mehrfacher Hinsicht Neuland betreten. Es gab keinen anderen Verein in Hamburg mit einem Fitness-Center außer HT-16. Allerdings war das dortige Angebot deutlich größer und hauptsächlich auf den kardiologischen Bereich ausgerichtet. Mein Anliegen war es jedoch, den Schwerpunkt auf Krafttraining zu legen. Das hatte mehrere Gründe. Einerseits begrenzte die Raumgröße unsere Möglichkeiten, andererseits kann beim Krafttraining an entsprechenden Trainingsmaschinen durch die Organisation im Stationenbetrieb eine recht große Zahl von Trainierenden sinnvoll auf kleinem Raum beschäftigt werden. Eine weitere Überlegung bestand darin, den Spagat zwischen dem Angebot einer Dienstleistung, das es ja in kommerziellen Studios gab, und dem Anliegen des Vereinssports zu schaffen. Ein Ansatz war es, individuell auf die Wünsche unserer Mitglieder einzugehen, besonders auch auf diejenigen, die z. B. aus Alters- oder Gesundheitsgründen keinen Wettkampfsport mehr betreiben konnten. Vereine boten einst fast ausschließlich Wettkampfsport an und organisierten diesen. Das sind inzwischen nur noch zwei von vielen Aufgaben eines Sportvereins. Ein Blick in das vielfältige heutige Angebot zeigt diesen Wandel zu einem modernen Sportverein überdeutlich.

Zurück zu den Anfängen unseres Studios. Das Studio war nun so weit fertig, dass es seiner Bestimmung übergeben werden sollte. Hier stand also der versammelte Vorstand, der das Projekt einerseits wohlwollend unterstützt hatte, sich andererseits nicht so sicher war, wohin die Reise gehen würde. Wohl um nicht zu zeigen, dass diese Materie den anwesenden Herren fremd war, wurde erst einmal hektisch geraucht, so dass die Luft in diesem kleinen Trainingsraum schnell vom Zigarrenqualm geschwängert war. An allem, was an den Trainingsmaschinen zu bewegen war, wurde irgendwie herumgezupft. Keiner wollte jedoch zugeben, dass ihm alles an diesen Geräten irgendwie suspekt war und sich auch nicht selbst erklärte.

Wegen dieser allgemeinen Unkenntnis und der daraus resultierenden Unsicherheit war es bis hierher ein dornenreicher Weg, und es mussten viele Hindernisse überwunden werden. Umso bemerkenswerter war der Mut, den der damalige Vorstand aufbrachte, und auch die Unterstützung, die dieses Projekt erfuhr. Der Vorstand musste sich jedoch gegenüber den stimmberechtigen Mitgliedern absichern. Deshalb wurde darauf gedrungen, sich Expertise von außen zu holen. Ich persönlich war beleidigt, weil man mir als Sportwissenschaftler das nötige Fachwissen nicht zutraute. Voraussetzung für eine weitere Unterstützung dieses Projekts durch den Vorstand war es, sich „Fachleute“ zu holen. Die Wahl fiel auf einen Herrn, der sich in der Fitnessbranche einen Namen gemacht hatte. Seine nach außen sichtbare Qualifikation bestand darin, promoviert zu haben. Man war sich sicher, mit einem Doktor den richtigen Fachmann ins Boot geholt zu haben. Das suggerierte ein Sicherheitsgefühl, zumal wir uns ja im Gesundheitssport bewegen wollten.
Es fiel zunächst keinem von uns allen auf, dass er nicht Mediziner, sondern Betriebswirt war. Seine zweite „Qualifikation“ bestand darin, einmal der beste Kugelstoßer Deutschlands gewesen zu sein. Herausragend war jedoch die Pfiffigkeit, mit der er vom Verein ein üppiges Honorar abräumte. Seine Leistung bestand darin, uns mehrere Trainingsgeräte zu verkaufen, die sogar als Heimtrainer nicht gut geeignet waren. Er arbeitete nämlich als Vertreter für den Hersteller der Geräte. Als Krönung seiner Dienstleistung ließ er sich einen Plan hoch dotieren, in dem er die Geräte, die wir in dem Raum unterbringen wollten, auf Rechenpapier mit ungelenken Strichen eingezeichnet hatte. Die Abmessungen der Maschinen hatten wir ihm im Vorfeld zugeschickt. Der zweite Experte, an dessen Fachwissen hier in Hamburg angeblich kein Weg vorbeiführte, war mir aus meiner Tätigkeit als Dozent am Institut für Sportwissenschaften noch bekannt. Er kam dann aber glücklicherweise bei uns nicht zum Einsatz.

Nach etwa einem Jahr Planung, Umbau und Einrichtung des Raumes konnten wir im Mai 1988 den Übungsbetrieb aufnehmen. Im Elbe Wochenblatt wurde geschrieben, dass sich die Sportvereine nach Aussagen des Hamburger Sportbundes den sich verändernden Freizeitbedürfnissen der Bevölkerung anpassen müssen. Um dieses in die Tat umsetzen zu können, seien die Vereine allerdings auf sich allein gestellt. „Bewundernswert deshalb die FTSV Blankenese, die sich jetzt zum Vereinsbeitrag „Fitness-Training im Verein“ mit „High-Tech-Geräten“ für Gesundheit, Wohlbefinden, Kondition und Fitness eingerichtet hat“, so das Elbe Wochenblatt vom18.05.1988.

Von kommerziellen Anbietern hoben wir uns durch mehrere Merkmale ab. Herauszuheben war zunächst einmal die Qualifikation des Trainerstamms. Für Trainer in kommerziellen Studios gab es damals noch keine einheitlichen und überprüfbaren Qualifikationsmerkmale. Bei uns dagegen arbeiteten Trainer, die Sportwissenschaften studiert hatten oder Diplom-Sportlehrer waren. Sie waren in der Lage, für jeden Teilnehmer einen individuellen Trainingsplan unter folgenden Gesichtspunkten auszuarbeiten und zu überprüfen:

  • Stärkung des Herz-Kreislaufsystems
  • Anregung der Blutzirkulation
  • Ausbildung der Muskulatur
  • Gewebestraffung
  • Rehabilitation nach Erkrankungen

„Die FTSV Komet Blankenese hat sich mit diesem neuen Angebot zu einem der Vorreiter im Freizeitangebot der Sportvereine gemacht.“

(Elbe Wochenblatt vom 18.05.1988)

Im Jahr darauf zeigte es sich, dass das Konzept unseres Fitness-Centers erfolgreich war. Etwa 200 Mitglieder trainierten erfolgreich und zufrieden bei uns. Ein Beitrag in den Vereinsnachrichten vom Dezember 1988 ermutigte uns, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Geschrieben hatte ihn Karl Geske, der nach der Operation seines Kniegelenkes (Kreuzband, Meniskus) bei uns trainierte. In seinem Beitrag bedankt er sich beim Verein für die Herstellung seiner Gesundheit. Eine bessere Werbung konnte es für unser Studio nicht geben. Ich zitiere ein paar Zeilen aus seinem Bericht.

„Das Therapieprogramm wurde von dem betreuenden Sportlehrer sorgfältig aufgestellt und überwacht. … Dazu wurde ich mit viel Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen seitens des Trainers zur Mitarbeit angewiesen. … Ich trainierte an zwei Tagen in der Woche. Die sorgfältige Überwachung durch den Trainer verhinderte Überlastung und diente einer gezielten Leistungssteigerung.“
Er beschreibt dann weiter, wie sich sein Oberschenkelumfang durch das Training vergrößert. Nach 12-wöchigem Training hatte er an den Krafttrainingsmaschinen einen Leistungsstandard erreicht, der dem vor der Knieoperation entsprach. Insgesamt bewertet er das Fitnesstraining für seine Genesung als großen Erfolg. „Die Beweglichkeit des Kniegelenkes war nach 12 Trainingstagen wieder zufriedenstellend und das Leistungsniveau, verglichen mit dem vor der Operation, war erreicht, durch die Ganzkörper-Wirkung des Krafttrainings sogar überschritten. Dieses Training war ein Erfolg für die Wiederherstellung meiner Gesundheit.“

Natürlich konnte und kann in unserem Vereinsstudio ein ganz normales Fitnesstraining betrieben werden. Daneben bietet aber gerade ein überschaubares kleines Studio mit individueller Betreuung durch gute Trainer viele weitere Möglichkeiten, um gezielt Einfluss auf Gesundheit und Wohlbefinden zu nehmen.